In der freien Wildbahn sind Katzen sowohl Jäger als auch Beute – sie müssen also vorsichtig und diskret sein, um zu überleben. Hätten sie vor nichts Angst, wäre das für die Samtpfoten fatal.
Warum Angst auch nützlich ist
Das Gefühl der Angst bildet für die Fellnasen ein Gegengewicht zu ihrer natürlichen Neugier. Wären sie zu ängstlich, würden sie sich nicht aus ihrem Unterschlupf trauen und könnten keine Beute fangen. Wären sie zu neugierig und waghalsig, könnten sie Opfer größerer Raubtiere werden oder sich an verdorbenen Futterquellen vergiften.
Solange sich Neugier und Angst die Waage halten, ist also alles in Ordnung. Diese Instinkte sind allen Katzen angeboren, nicht nur den wild lebenden Streunern und Falbkatzen, die als Vorfahren unserer Hauskatzen gelten. Das heißt, dass Ihre zahme Katze ebenfalls abwechselnd Neugier und Angst empfindet.
Katzen haben Angst vor dem Unbekannten
Was Katzen nicht kennen, macht ihnen erst einmal Angst. Sofern es ihnen möglich ist, werden sie flüchten oder sich verstecken, und das Unbekannte aus der Distanz begutachten. Kommen sie zu dem Schluss, dass es keine Gefahr darstellt, siegt vermutlich die Neugier. Aus dem Unbekannten wird dann etwas Vertrautes. In der freien Natur begleitet die Katzenmutter ihre Kätzchen dabei, wenn sie anfangen, die Welt zu entdecken und neue Eindrücke nach ihrem Gefahrenpotenzial einzuschätzen.
Bei Katzen als Haustieren läuft es im Prinzip ebenso ab, allerdings geht es hier nicht nur ums reine Überleben. Für wild lebende Tiere ist es sinnvoll, vor Menschen, artfremden Tieren und teilweise auch vor Artgenossen, die nicht aus derselben Gruppe stammen, Angst zu haben. Haustiere hingegen sollen zutraulich sein, Teil der Familie werden und sich mit anderen Tieren im Haushalt vertragen. Da wäre Angst also nicht angebracht. Es ist daher ganz wichtig, dass Kätzchen die Möglichkeit haben, fremde Menschen, andere Tiere und Alltagsgeräusche in sicherer Umgebung kennenzulernen, damit sie als erwachsene Samtpfoten keine Angst davor haben.
Eine sichere Umgebung bedeutet, dass die Katzenbabys möglichst bis zum Alter von 12 Wochen bei ihrer Mutter bleiben dürfen, da diese ihnen Geborgenheit und Vertrauen vermittelt. Ist das nicht möglich, etwa, weil die Kätzchen verwaist sind, müssen Menschen die Rolle der Katzenmutter übernehmen. Die Baby-Katzen sollten dann behutsam mit fremden Menschen – zum Beispiel den zukünftigen Besitzern –, Geräuschen vom Straßenverkehr, Küchen- und Haushaltsgeräten sowie mit anderen, wohlerzogenen und freundlichen Tieren bekannt gemacht werden. So können sie sich daran gewöhnen und lernen, dass keine Gefahr davon ausgeht.
Laute oder fremde Geräusche erschrecken Fellnasen
Katzen haben ein weitaus feineres Gehör als Menschen – Geräusche, die wir kaum wahrnehmen, klingen für unsere Stubentiger wie lautes Getöse. Vor allem plötzliche oder unbekannte Geräusche können unseren Samtpfoten große Angst machen, da sie eine potenzielle Gefahr darstellen. Woher soll Ihre Katze wissen, dass etwa das Donnergrollen bei Gewitter oder übermütiges Kindergeschrei für sie nicht lebensbedrohlich ist? Dennoch können ihr auch Laute Angst machen, die zwar nicht direkt ihr Leben gefährden, aber trotzdem sehr unangenehm sind – und das ist bei lauten, schrillen Geräuschen für die sensiblen Katzenohren immer der Fall.
So lange Ihre Katze sich vor diesen unangenehmen Erfahrungen zurückziehen kann, indem sie sich versteckt oder an ihren Lieblingsplatz im Haus geht, wo sie ungestört ist, brauchen Sie sich in der Regel keine Sorgen zu machen. An die meisten Alltagsgeräusche kann sie sich auf diese Weise gewöhnen und lernen, sich von ihnen nicht in ihrer Ruhe stören zu lassen.
Wenn aus Angst bei Katzen eine Störung wird
Haben Katzen nicht schon als Babys gelernt, dass von fremden Menschen und Tieren sowie Alltagsgeräuschen keine Bedrohung zu fürchten ist, kann es sein, dass sie später sehr scheu und ängstlich sind. Das bedeutet für die Tiere erheblichen Stress, weshalb in einem solchen extremen Fall die Hilfe eines Katzenpsychologen ratsam wäre. Doch nicht nur ein Mangel an Erfahrungen kann zu einer übertriebenen Angst führen, sondern auch schlechte Erfahrungen.
Wurden die Kätzchen zum Beispiel zu schnell mit fremden Menschen, anderen Tieren und lauten Geräuschen konfrontiert, ohne sich allmählich in ihrem eigenen Tempo daran gewöhnen zu können, ist es gut möglich, dass sie später davor Angst haben. Wie Menschen können Katzen sogar spezifische Phobien entwickeln, zum Beispiel vor Hunden, wenn sie einmal von einem Vierbeiner sehr erschreckt wurden. Andere Stubentiger haben beispielsweise panische Angst vor Besuchern, vor Kindern oder vor bestimmten Haushaltsgeräten wie dem Staubsauger. Wie eine solche Phobie zustande kommen kann, können Sie in unserem Ratgeber "Ursachen einer Angststörung bei Katzen" nachlesen. Unter "Katze mit Angststörung: So können Sie ihr helfen" erfahren Sie, was in einem solchen Fall zu tun ist.
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