Hundehaltung

Hunde und Gefühle: Welche Emotionen spüren sie?

Freude, Kummer, Liebe, Zorn und Angst – dass Hunde solche Gefühle genauso spüren können wie Menschen, wird kein Hundehalter bezweifeln. Aber wie sieht es mit sozialen Emotionen wie Scham, Schuld oder Verachtung aus, die ein komplexes Empfinden für Moral voraussetzen?
Knutschi! Liebe und Zuneigung wie diese zwei Irish Setter können Hunde auf jeden Fall empfinden – Shutterstock / Reddogs
Knutschi! Liebe und Zuneigung wie diese zwei Irish Setter können Hunde auf jeden Fall empfinden – Shutterstock / Reddogs

Lange Zeit waren sich Wissenschaftler einig, dass Hunde und andere Tiere keine Gefühle haben und nur (re)agieren, ohne dabei etwas zu empfinden. Das lag mitunter daran, dass die Forschung in früheren Jahrhunderten im Wesentlichen von der Kirche finanziert wurde, die damals noch einen weitaus größeren Einfluss hatte als heutzutage. Es galt als Blasphemie, einem anderen Lebewesen außer dem Menschen Emotionen und damit eine Seele zuzusprechen. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert und es gilt als selbstverständlich, dass unsere geliebten Vierbeiner ebenfalls Gefühle haben.

Hunde haben Gefühle wie ein zweijähriges Kind

Die Hundeintelligenz entspricht in etwa dem Stand eines Kleinkindes im Alter von zwei bis drei Jahren. Ähnlich verhält es sich auch mit den Emotionen: Hunde bleiben mit ihrer geistigen und somit auch emotionalen Entwicklung da stehen, wo sich Menschenkinder in der Mitte des dritten Lebensjahrs befinden. Gefühle, die Menschen erst danach entwickeln, bleiben Hunden also verwehrt. Dies hat der Psychologieprofessor und Hundeexperte Stanley Coren bei "Psychology Today" beschrieben.

Allerdings durchlaufen Hunde ihre seelische Entwicklung schneller als Menschenkinder, da sie insgesamt auch schneller wachsen und rascher altern als ihre zweibeinigen Gefährten. Mit vier bis sechs Monaten – je nach Hunderasse – ist die Bildung der Gefühlspalette bei den Tieren abgeschlossen. Das erste Gefühl, das neugeborene Hundewelpen empfinden, ist Erregung. Sie fühlen sich entweder ruhig und ausgeglichen oder sind aufgeregt und nervös. Kurz darauf bilden sich negative und positive Gefühle heraus, zunächst Kummer und Leid, Zufriedenheit sowie Ekel.

Angst verspüren die kleinen Hundewelpen etwas später, dicht gefolgt von Zorn und Wut. Erst danach fangen sie an, Freude zu empfinden, davor spüren sie nur Zufriedenheit, wenn ihr Kummer – zum Beispiel durch Hunger oder Durst – gestillt wurde. Kurz darauf entwickeln sie die Fähigkeit zu Misstrauen, Vorsicht und Zurückhaltung. Schließlich lernen die jungen Hunde, Liebe und Zuneigung zu fühlen; ein krönender Abschluss ihrer emotionalen Entwicklung.

Komplexe soziale Emotionen wie Scham kennen Hunde nicht

Bei kleinen Kindern geht die Entwicklung der Gefühlspalette jedoch noch weiter, sie endet erst zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr. Bis dahin bekommen Kinder allmählich immer mehr von den komplexen sozialen Regeln im Zwischenmenschlichen mit und entwickeln Emotionen, die mit diesen sozialen Normen zusammenhängen – das ist für uns Menschen wichtig, damit wir unser Zusammenleben in einer menschlichen Gemeinschaft organisieren können. Hunde haben untereinander andere soziale Normen und brauchen die sozialen Gefühle der Menschen nicht.

Verstoßen Menschenkinder gegen soziale Normen und werden ausgeschimpft, fühlen sie zunächst Scham, später kommt im vierten Lebensjahr Schuld hinzu. Halten sie sich an die Regeln und werden dafür gelobt, empfinden sie Stolz. Im fünften Lebensjahr können Kinder außerdem Verachtung spüren, zum Beispiel, wenn jemand anderes gegen soziale Normen verstoßen hat.

Missverständnisse vermeiden: Hundegefühle nicht vermenschlichen

Wir Menschen neigen dazu, von uns auf andere zu schließen und beispielsweise Hunde zu vermenschlichen. Das kann zu Missverständnissen führen, die verhindern, dass geeignete Erziehungsmaßnahmen bei unerwünschtem Verhalten angewandt werden. Ein klassisches Beispiel dafür ist, wenn Sie nach Hause kommen und sehen, dass Ihr Hund ein Häufchen in der Ecke gemacht hat und Sie mit großen Augen anschaut oder sich an der Wand entlangdrückt und Blickkontakt vermeidet. "Er schämt sich, weil er weiß, was er getan hat" oder "Er fühlt sich schuldig und hat ein schlechtes Gewissen", sind dann häufige menschliche Interpretationen der Hundekörpersprache.

Schuld, Scham und schlechtes Gewissen kennen Hunde aber nicht. Stattdessen hat Ihr Vierbeiner in diesem Moment Angst, weil Sie mit ihm schimpfen oder weil er sich gemerkt hat, dass Sie immer laut werden, wenn Sie nach Hause kommen und ein Hundehäufchen in der Ecke sehen. Bedenken Sie, dass es nichts bringt, wenn Sie Ihren Hund bestrafen, lange nachdem sein Fehlverhalten schon vergangen ist. Er kann Ihre Strafe nicht mit seiner Tat verknüpfen und merkt nur, dass Sie wütend und aggressiv sind. Besser ist es, den Hundekot kommentarlos zu beseitigen und sich auf die Suche nach der Ursache zu machen, weshalb Ihr Hund nicht stubenrein ist. Dieses Prinzip gilt ebenso für anderes Fehlverhalten, etwa Aggression, übermäßiges Jaulen und Bellen oder "Zerstörungswut".

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