Hundeerziehung

Ist Ihr Hund ein Balljunkie? Suchtverhalten beim Spielen

Für viele Hundehalter mag der Gedanke befremdlich erscheinen, ihr Vierbeiner könnte Suchtverhalten beim Spielen entwickeln und zum Balljunkie werden. Leider können Hunde jedoch tatsächlich süchtig nach dem "Kick" werden, der entsteht, wenn sie einem Gegenstand hinterherhetzen, der sich schnell bewegt – wie zum Beispiel Bälle. Sie zeigen dann ganz ähnliche Symptome wie ein süchtiger Mensch, sind auf das Objekt ihrer Begierde vollkommen fixiert und stehen ständig unter Strom.
Fließender Übergang zu Suchtverhalten: Hat der Hund noch Spaß am Spiel oder ist er davon besessen? – Shutterstock / Best dog photo
Fließender Übergang zu Suchtverhalten: Hat der Hund noch Spaß am Spiel oder ist er davon besessen? – Shutterstock / Best dog photo

Das Ballspielen scheint allen Vierbeinern großen Spaß zu machen, und sicher ist das in Maßen auch nicht ungesund. Doch wird es übertrieben, kann der Hund zum Balljunkie werden. Suchtverhalten beim Spielen ist ein Thema, das Sie als Hundehalter nicht unterschätzen sollten.

Wie entsteht Suchtverhalten beim Spielen?

Ein Balljunkie ist nicht direkt vom Ball selbst abhängig, sondern von bestimmten Botenstoffen, die im Hundegehirn ausgeschüttet werden, wenn der Vierbeiner einem Objekt hinterherhetzt, das sich schnell bewegt. Das Ballspielen ist also die eigentliche "Droge", da das Fixieren, Hetzen und Packen, das zur Jagd nach dem begehrten Gegenstand dazugehört, beim Hund Glücksgefühle auslöst und sein Belohnungssystem aktiviert.

Das muss nicht zwangsläufig zum Suchtverhalten beim Spielen führen, aber es kann dazu kommen, wenn der Hund entsprechend veranlagt ist, nicht genug Alternativen zur Balljagd angeboten bekommt und sich nicht ausreichend erholen kann. Anfällig für die Entwicklung zum Balljunkie sind zum Beispiel Hunde, die nicht gut sozialisiert wurden und in reizarmer Umgebung aufgewachsen sind. Ihr Gehirn hatte durch den Mangel an Außenreizen nicht ausreichend Gelegenheit, Botenstoffe wie Dopamin oder Adrenalin auszuschütten, die das körpereigene Belohnungssystem aktivieren.

Sie leiden unter einem chronischen Dopaminmangel, sodass ihr Belohnungssystem überreagiert, wenn plötzlich durch das Ballspielen ganz viel von dem Botenstoff auf einmal ausgeschüttet wird. Sie sind daher besonders gefährdet, zu viel Gefallen an dieser Spielform zu finden, nichts anderes mehr zu wollen und nach einer Steigerung der Glücksgefühle auslösenden Substanz zu gieren – so entsteht Suchtverhalten.

Ebenfalls eine Veranlagung zum Balljunkie besitzen manche Hunderassen, die gezielt darauf gezüchtet wurden, Spaß und Erregung beim Jagen und Hetzen zu empfinden. Bei manchen Hütehunderassen wie Border Collies oder Schäferhunden ist dies der Fall, ebenso bei Terriern wie dem Jack Russell Terrier oder Jagdterrier. Es muss aber nicht an der Rasse liegen – manche Hunde sind von ihrer Persönlichkeit her nervös und leicht erregbar, sodass sie zu Suchtverhalten beim Spielen neigen.

Woran lässt sich ein Balljunkie erkennen?

Der Übergang von normalem, gesunden Spielverhalten zur Sucht ist meist fließend. Die gelegentliche Jagd nach dem Ball verursacht noch kein Suchtverhalten, solange der Spaß im Vordergrund steht und der Vierbeiner auch noch fähig ist, sich seine Glücksgefühle über andere Tätigkeiten zu verschaffen. Ein Balljunkie hingegen will nichts anderes mehr tun, als einem Gegenstand hinterherzujagen, der sich schnell bewegt. Ihm ist es egal, wer den Ball wirft, er ist vollkommen auf die eine Handlung – das Hetzen – fixiert und steht enorm unter Stress, wenn seine Sucht nicht permanent sofort befriedigt wird.

Das kann schlimme Folgen haben: Nicht nur leidet die Mensch-Hund-Freundschaft massiv unter dem Suchtverhalten beim Spielen, weil dem Tier sein Halter vollkommen gleichgültig wird, auch körperlich macht die Abhängigkeit dem Vierbeiner zu schaffen. Der dauernde Stress, die ständige Übererregung und Alarmbereitschaft belasten Hundeseele und Organismus; die stereotypen Bewegungen beim schnellen Lospreschen und plötzlichen Abbremsen, wenn der Ball landet, schaden außerdem den Gelenken.

Überdies kann sich das Suchtverhalten vom Ballspielen auf andere Situationen übertragen, in denen ein Objekt sich schnell vom Hund wegbewegt. Dadurch kann der Vierbeiner selbst in Gefahr geraten, wenn er zum Beispiel Autos hinterherrennt oder alles um sich herum vergisst, sobald ein Ball geworfen wird. Aber auch andere Tiere wie Katzen, Kaninchen oder geschützte Wildtiere sowie spielende Kinder, Jogger und Radfahrer können zum Opfer des außer Kontrolle geratenen Jagdverhaltens des Hundes werden. Betroffene Vierbeiner sind unfähig, Spiel und Ernst auseinanderzuhalten und haben sich nicht mehr im Griff.

Sollte Ihr Hund die folgenden Symptome zeigen, wenn Sie mit ihm spielen, ist er entweder schon ein Balljunkie oder auf dem Weg dorthin:

  • ● Sobald er sein Spielzeug sieht, dreht er durch und kann sich nicht mehr beherrschen
  • ● Wenn er weiß, dass Sie den Ball in der Tasche haben, gibt er keine Ruhe, bevor Sie das Spielzeug herausholen. Er jault, fiept, bellt, springt an Ihnen hoch, sabbert oder zeigt andere Anzeichen für großen Stress
  • ● Er kommt generell nicht mehr zur Ruhe und sucht sich, wenn sein Ball nicht greifbar ist, Ersatz: Tannenzapfen, Steine, Kastanien (Vorsicht, Verschluckungsgefahr)
  • ● Er hört nicht mehr auf Sie, reagiert nicht auf Rückruf oder Kommandos und ignoriert Sie komplett, wenn er seiner Sucht nachgeht
  • ● Er ignoriert auch alles andere in seiner Umgebung und ist einzig und allein auf den Ball fixiert
  • ● Er kann nicht mehr von sich aus mit dem Ballspielen aufhören und verliert jegliche Selbstkontrolle

Diese Themen zur Hundeerziehung könnten Sie auch interessieren:

Frustration beim Hundetraining gehört dazu

Hunde mit Jagdtrieb: Tipps für entspanntere Spaziergänge

Impulskontrolle beim Hund verbessern: Tipps fürs Training

Hat Ihnen der Artikel gefallen?
2
0
0 Kommentare

Weitere Artikel aus Hundeerziehung